Schreibwettbewerb

Die Nachlese und weitere Infos...

"Elmshorn ist meine Heimatstadt - hier wurde ich geboren, hier bin ich aufgewachsen", so eröffnete Frauke Nahnsen, Initiatorin des Elmshorner Schreibwettbewerbs und Mitglied des Freundeskreises Knechtsche Hallen ihre Rede zur Bekanntgabe der Gewinner*innen.

"Das Krankenhaus, in dem ich geboren wurde, ist heute eine Seniorenresidenz. In dem Gymnasium, das ich als Teenager besuchte, befindet sich heute die Volkshochschule - und meine damals so geliebte Bücherei ist auch umgezogen, im Torhaus residiert nun unter anderem der Kunstverein.

Eine Stadt im Wandel, das ist notwendig und gut so, insbesondere, wenn schöne, alte Gebäude nicht abgerissen, sondern einer neuen Bestimmung zugeführt werden.

Dort, wo einmal meine Volksschule stand, hat man dann das Rathaus errichtet, das schon wieder so marode ist, dass ein neuer Umzug geplant wird. So viele alte, schützenswerte Häuser, die eine Stadt liebenswert und einmalig machen, die Erinnerungen wecken und stolz von der prächtigen Architektur vergangener Tage erzählen, gibt es nicht mehr.

Ich möchte nicht, dass es den Knechtschen Hallen genauso ergeht. Deshalb bin ich zum ersten Mal in meinem Leben einem Verein beigetreten, und während einer Führung durch diese alten Gemäuer hatte ich das Gefühl, als wolle jeder Raum, jeder dunkle Winkel, die geborstenen Fensterscheiben mir eine Geschichte erzählen. So entstand meine Idee eines Schreibwettbewerbs, in dem es um die Vergangenheit, die Gegenwart und Zukunft dieser alten Fabrik gehen sollte."

 

Franziska Haaks hat eine Geschichte geschrieben, die zur Einleitungsrede der Preisverleihung gut passt:

 

Die Ausstellungseröffnung
Endlich ist es soweit. Heute ist der Tag, an dem endlich wieder Leben in meineGemäuer einzieht. Viel zu lange lag ich in einem Dämmerschlaf und harrte meinem Ende entgegen.

Ich kann mich noch ganz genau erinnern, wie ich vor vielen, vielen Jahren erweckt wurde. Jeder Maurer, jeder Zimmermann gab mir ein Stück seiner Seele, und in mir erwachte das Gefühl des Seins in dieser Welt. Als Monument zwischen Himmel undErde strahlten meine Mauern im Herzen der Stadt. So mancher Arbeiter betrat michals Knabe und verließ mich als alter Mann. Doch dann blieben die Menschen weg. Wo einst ein geschäftiges Treiben meine Räume mit Leben füllten, blieb nur eine leere Hülle von mir zurück.  

 

((Lange wollte ich nicht wahrhaben, dass sich mein Schicksal so verändert hatte.)) Wo sonst meine Fenster stolz die Lichter des Himmels reflektierten, zerbrach der Sturm und grölendes Volk meinen gläsernen Blick. Am schlimmsten war die Kälte, die sich wie eine Infektion in jeden Winkel, jedem Stein und im Mörtel ausbreitete. Mit ihr kam die Feuchtigkeit, die mich mit Schmerz und Trostlosigkeit erfüllte.     

Seitdem schlafe ich lieber. Seit ein paar Sommern werden immer mal wieder meine Türen geöffnet und das Getöse der Straßen versucht, den Schleier meines Schlafes zu durchdringen. In meinem Traum umarme ich das Leben der Stadt, nehme es in mir auf, gebe ihm Raum und Schutz und Möglichkeiten. Ich träume von Männern und Frauen und Kinderlachen, Musik und Kunst, Wärme auch im Winter, dem Duft von Freude und gelebter Gemeinschaft. Ich will mich aufrichten im neuen Sinn und nicht im Zerfall für immer verlorengehen. Wird heute mein Traum Wirklichkeit? Wo sonst kaum spürbar Mäuse, Katzen und Spinnen meinen Boden kitzeln, breiten sich nun Menschen in meinen Räumen aus.

Oh, das tut so gut, wieder erfüllt zu sein. Durch die dumpfe Hülle des Nichtspürenwollens sickert die Trauer um die verlorenen Jahre, aber auch Sehnsucht und Hoffnung, dass es anders werden könnte.

Seht Ihr mich wieder? Erkennt Ihr, was ich einst war, was ich noch bin und was ich wieder sein könnte?

Wärme durchdringt meine Mauern. Der muffige Geruch von Vergessen und Staub weicht dem Duft von Lebendigkeit und Freude. Der Klang von Stimmen vibriert in mir. Bewegte Körper massieren meine steinerne Haut. Das Leben durchströmt mich und pulsiert in mir.

 

Ich will mehr davon!"

 

"Ja, das ist genau das, was ich abschließend ebenfalls sagen möchte", so Frauke Nahnsen. "Ich will mehr davon, noch mehr Engagement für den Erhalt dieses ehrwürdigen Gebäudes auf allen Seiten, bevor es von allen Seiten mit diesen neuen, hässlichen, gelben Klinkerbauten erdrückt und in die Knie gezwungen wird. Mehr kreative Ideen, wie es sinnvoll und möglichst gemeinnützig genutzt und in diesen Stadtteil so integriert werden kann, dass dieser auf Bewohner und Besucher einladend wirkt. Mehr offene Flächen, offene Herzen und offene Geldbörsen."

 

Wer die Geschichten lesen möchte, hier nachlesen...